Schule braucht mehr Geld statt billige Scheinlösungen

Bremerhavener Lehrkräfte beklagen zunehmend, dass sie das System Schule nicht mehr aufrechterhalten können. Zuletzt hat es hierzu einen viel kommentierten Artikel in der Nordsee-Zeitung gegeben. Die Bremerhavener Grünen hoffen nun auf eine ehrliche und differenzierte Suche nach Lösungen. Zugleich kritisieren sie reflexhafte Forderungen, die mit einfachen Lösungen auf komplexe Probleme reagieren.

„Wir nehmen die Aussagen der Lehrkräfte sehr ernst und beobachten die Entwicklung mit Sorge. Schulnoten sind jedoch nicht die Lösung, weil eine einzelne Note viel zu wenig über den Lernstand aussagt“, sagt die bildungspolitische Sprecherin von Bündnis 90/DIE GRÜNEN, Bettina Zeeb. „Überhaupt greift die ewige Reduktion auf die Ziffernnoten viel zu kurz. Wir haben kein Bewertungsproblem an den Schulen, wir haben ein Ressourcenproblem. Unbesetzte Stellen, Unterrichtsausfall, fehlende Förderung. Statt vermeintlich einfache Lösungen zu fordern, sollten wir lieber dem Experten zuhören, der die Bremerhavener Schulen gerade begleitet. Im Ausschuss Schule und Kultur stellte der Bildungsforscher Ulrich Vieluf die Ergebnisse der KESS-Studie vor, die in den Jahren 2021 und 2023 die Kompetenzen und Einstellungen der Schüler:innen untersucht hat. Er kommt zu dem Schluss, dass die Lernfortschritte unserer Schüler:innen über das zu erwartende Maß hinaus gehen.  Die KESS-Studie zeigt allerdings, dass viele Kinder in unserer Stadt einen schweren Start haben.  Unsere Lehrkräfte schaffen somit trotz sehr schwieriger Ausgangslage bemerkenswerte Lernerfolge. Hierfür gebührt ihnen gesellschaftliche Anerkennung.   Wir müssen unbedingt mehr in die vorschulische Vorbereitung investieren: Sprachförderung, motorische, soziale, kognitive Fertigkeiten. Da können wir noch viel von Ländern mit guten Pisa-Ergebnissen wie Finnland oder Estland lernen.“

Wiebke Peters, Parteisprecherin der Bremerhavener Grünen, unterstützt die grundsätzliche Richtung, die Bremen und Bremerhaven nach den schlechten PISA-Ergebnisse zu Beginn des Jahrtausends eingeschlagen haben. „Langes gemeinsames Lernen gibt den Kindern die Möglichkeit sich entsprechend ihrer Fähigkeiten in ihrem Tempo zu entwickeln. Auch hier sind Finnland oder Estland Vorbilder. Die KESS-Studie zeigt, dass unser Schulsystem keineswegs gescheitert ist. Vielmehr fehlen Personal und gute Lernräume in Schulen, denen wir immer mehr Bildungs- und Erziehungsaufgaben erteilen. Oft gelingt der richtige Weg der Inklusion im Ansatz nur, weil die Mitarbeiter:innen an den Schulen über ihre Belastungsgrenzen gehen, was immer häufiger zu Frustration oder auch Krankheit führt. Wir dürfen das Rad also nicht zurückdrehen, sondern müssen in das inklusive Schulsystem investieren. Universitäten müssen mehr Lehrkräfte ausbilden. Schulen brauchen mehr pädagogisches Personal, das zudem besser bezahlt werden muss. Und damit sind wir beim zentralen Problem, dem Geld. Wer lieber spart als zu investieren, setzt auf billige Lösungen: Noten, Sitzenbleiben, selektierendes Lernen.  Doch dieser Weg wird scheitern. Die Zeche zahlen dann die Kinder und die Lehrer:innen, die im Alltag für Bildungsgerechtigkeit kämpfen, sowie die Betriebe, die Fachkräfte brauchen“, schließt Peters.

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