Koalition spielt mit der Demokratie

Seit Monaten kann nicht über Einsprüche gegen die Wahl zur Stadtverordnetenversammlung in Bremerhaven entschieden werden, da es kein ordnungsgemäß besetztes Wahlprüfungsgericht gibt. In den ersten beiden Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung erreichten die Kandidat*innen von Bündnis Deutschland (BD), denen das Landeswahlgesetz ein Vorschlagsrecht für dieses Gericht zuspricht, nicht die erforderliche Mehrheit. Nun sollte eine interfraktionelle Sitzung, zu der der Stadtverordnetenvorstehen Thorsten von Haaren die Fraktionsvorstände sowie den Landewahlleiter eingeladen hatte, eine Klärung der Lage bringen. Daran schien die Koalition aus SPD, CDU und FDP jedoch kein Interesse zu haben. SPD und FDP hielten es nicht einmal für nötig zu dieser Besprechung zu erscheinen.

„Das ist eine unglaubliche Unverschämtheit“, ärgert sich Claudius Kaminiarz, Fraktionsvorsitzender der Grünen in der Stadtverordnetenversammlung. „Mit dem Wahlprüfungsgericht wird eine grundlegende Institution unserer Demokratie lahmgelegt und die Koalition zeigt keinerlei Interesse, daran etwas zu ändern. Herr Hilz von der FDP konnte offenbar keinen Vertreter für die heutige Sitzung finden und Herr Allers von der SPD hielt es nicht einmal für nötig, sein Fernbleiben vorab zu entschuldigen. Welch ein peinliches Bild gibt Bremerhaven hier ab? Da wird der Landeswahlleiter zu einem Krisengespräch eingeladen und die Herren Fraktionsvorsitzenden, haben offenbar Besseres zu tun – und das bei einem Termin, der schon wochenlang feststand.“

Kaminiarz wirft der Koalition vor, leichtfertig mit der Demokratie zu spielen: „De facto blockiert die Koalition durch ihre Verweigerungshaltung, dass die Auszählung der Wahl geprüft werden kann. Das sollen SPD und FDP jetzt bitte nicht damit begründen, dass sie die Rechten von Bündnis Deutschland nicht im Wahlprüfungsgericht haben wollen, was ein nachvollziehbares Argument wäre. Aber solche Skrupel hatten sie nicht bei der Wahl ehrenamtlicher Magistratsmitglieder. Da wurde die Kandidatin von BD gewählt, weil die Herren Parteivorsitzenden Martin Günthner (SPD) und Hauke Hilz (FDP) Angst um ihre angestrebten Top-Jobs als hauptamtliche Dezernenten hatten. Komischerweise die Vorsitzenden der gleichen Parteien, die jetzt keine Zeit für die heutige Interfraktionelle Sitzung hatten. Das ist kein standhaftes Eintreten gegen Rechts, das ist scheinheilige Arroganz der Macht. Und das schlimmste ist, dass sie die Argumente, die BD vorab gegen die Interfraktionelle Sitzung vorgebracht hat, nachträglich bestätigen. So machen SPD und FDP die Rechten in Bremerhaven stark. Das ist ein verdammt gefährliches Spiel“, kritisiert Kaminiarz.

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