Schulnoten sind nicht die Lösung! 23. Februar 202415. April 2024 Bremerhavener Lehrkräften beklagen zunehmend, dass ihnen die Energie ausgeht, das System Schule aufrecht zu erhalten. Zuletzt hat es hierzu einen viel kommentierten Artikel in der Nordsee-Zeitung gegeben. Die Bremerhavener Grünen hoffen, dass nun auf eine ehrliche und differenzierte Suche nach Lösungen. Zugleich kritisieren sie alte reflexhafte Forderungen, mit einfachen Lösungen auf komplexe Probleme zu reagieren. „Schulnoten sind nicht die Lösung“, sagt die bildungspolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, Bettina Zeeb. „Überhaupt ist die ewige Reduktion auf die Ziffernnoten absoluter Blödsinn. Wir haben kein Bewertungsproblem an den Schulen, wir haben ein Ressourcenproblem. Unbesetzte Stellen, Unterrichtsausfall, fehlende Förderung. Und dafür sollen wir den Kindern in der Grundschule Fünfen und Sechsen geben? So ein Quatsch! Wir sollten lieber dem Experten genau zuhören, der die Bremerhavener Schulen gerade begleitet. Im Ausschuss Schule und Kultur stellte der Bildungsforscher Ulrich Vieluf jetzt gerade die Ergebnisse der KESS-Studie vor, die in den Jahren 2021 und 2023 die Kompetenzen und Einstellungen der Schüler:innen untersucht hat. Er kommt zu dem Schluss, dass unsere Schüler:innen Lernfortschritte erzielen, die über das zu erwartende Maß hinaus gehen. Die KESS-Studie zeigt allerdings, dass viele Kinder in unserer Stadt einen schweren Start haben. Unsere Lehrkräfte schaffen trotz sehr schwieriger Ausgangslage und trotz schlechter personeller Ausstattung bemerkenswerte Fortschritte. Wir müssen also viel mehr in die vorschulische Vorbereitung investieren: Sprachförderung, motorische, soziale, kognitive Fertigkeiten. Auch hier brauchen wir pragmatische und fachlich kluge Lösungen und bitte nicht wieder einen ideologischen Streit für oder gegen ‚die Vorschule‘.“ Wiebke Peters, Parteisprecherin der Bremerhavener Grünen, unterstützt die grundsätzliche Richtung, die Bremerhaven nach den schlechten PISA-Ergebnisse zu Beginn des Jahrtausends eingeschlagen hat. „Langes gemeinsames Lernen gibt den Kindern die Möglichkeit sich entsprechend ihrer Fähigkeiten in ihrem Tempo zu entwickeln. Erfolgreiche OECD-Länder in der Pisa-Studie, wie Finnland oder Estland, setzen genau darauf. Die KESS-Studie zeigt, dass unser Schulsystem keineswegs gescheitert ist. Vielmehr fehlen die wichtigsten Ressourcen, Personal und gute Lernräume, und zugleich erteilen wir den Schulen immer mehr Bildungs- und Erziehungsaufträge. Oft funktioniert der richtige Weg der Inklusion nur, weil sich Lehrkräfte über die Maßen und über ihre Belastungsgrenzen hinweg einsetzen. Wir dürfen das Rad also nicht zurückdrehen, sondern müssen in das inklusive Schulsystem investieren. Universitäten müssen mehr Lehrkräfte ausbilden. Schulen brauchen mehr pädagogisches Personal, das zudem besser bezahlt werden muss. Und damit sind wir beim zentralen Problem. Wer lieber spart als zu investieren, setzt auf billige Lösungen: Noten, Sitzenbleiben, selektierendes Lernen. Doch dieser Weg wird scheitern. Die Zeche zahlen dann nicht nur die Kinder, sondern auch die Lehrer:innen, die im Alltag für Bildungsgerechtigkeit kämpfen, und die Betriebe, die Fachkräfte brauchen“, schließt Peters. Für Rückfragen: Bettina Zeeb, 0170 4653398