Statement der Grünen Frauen

Sülmez Ҫolak hat bekannt gegeben, dass sie Mitglied der SPD wird. Schon seit längerem gehört sie der SPD-Fraktion in der Bremischen Bürgerschaft an und zwar mit einem Mandat, das sie über unsere Grüne Liste erlangt hat. Aus diesem Grund haben die Bremerhavener Grünen mit Michael Labetzke nur noch einen Abgeordneten im Landtag. Wir Grünen Frauen im Kreisvorstand und in der Stadtverordnetenfraktion haben uns bisher nicht zu den Vorwürfen geäußert, die Sülmez im Zusammenhang mit ihrem Austritt erhoben hat. Für uns stand im Vordergrund, möglichst schnell in eine gute inhaltliche politische Arbeit einzusteigen. Da die Unruhen leider anhalten, sehen wir Unterzeichnerinnen uns jetzt gefordert, eine Stellungnahme abzugeben.

Über den Parteiaustritt von Sülmez hinaus haben die Niederlegung des Stadtverordneten­mandates durch Miriam Gieseking und die Entscheidung Marnie Knorrs, als Einzelstadtverordnete agieren zu wollen, obwohl sie ihr Mandat über die Grüne Liste erreicht hat, für Diskussionen bei uns Grünen gesorgt und offene Fragen hinterlassen.

Zu dem entstandenen Eindruck, junge engagierte Frauen hätten wenig Chance, sich in Fraktion und Kreisvorstand der GRÜNEN einzubringen, und würden nicht unterstützt, möchten wir Folgendes sagen.

Die Grünen haben, verglichen mit anderen Parteien, den höchsten Frauenanteil in Partei und Parlamenten. Auch die Grüne Stadtverordnetenfraktion ist mehrheitlich mit Frauen besetzt. Das zeigt: Viele Frauen fühlen sich bei den Grünen mit ihren Anliegen gut aufgehoben. Natürlich gibt es auch bei Grün zum Teil harte Auseinandersetzungen um Inhalte und Positionen. Dass Männer sozialisationsbedingt in solchen Situationen häufig anders agieren als Frauen, motiviert uns, uns weiter für unsere frauenpolitischen Ziele einzusetzen und den Politikstil bei Grün kontinuierlich zu reflektieren.

Sexismus und Alltagsrassismus sind gesamtgesellschaftliche Probleme, die in jeder Partei auftreten. Dieser Realität stellen wir uns. Dabei genügt es nicht, auf das Grüne Frauenstatut zu verweisen, das den Einfluss von Frauen in unserer Partei unter anderem bei Listenaufstellungen und Parteibeschlüssen festschreibt. Wir werden uns ebenfalls kritisch mit Gewohnheiten im politischen Alltag beschäftigen, die für Frauen sowie für Transpersonen und non-binäre Menschen sowie für Menschen, die von Rassismus betroffen sind, ausschließend oder abschreckend wirken können. Das ist ein zentraler Inhalt unserer Parteiarbeit.

Wir wünschen uns deutlich mehr Frauen in der Politik. Auch deshalb bedauern wir die Entscheidung von Miriam. Für viele außerparlamentarisch sehr engagierte Menschen ist es schwierig, mit den zähen Prozessen einer parlamentarischen Demokratie umzugehen. Auch deshalb wurden alle Grünen Kandidierenden explizit eingeladen, vor der Wahl an den Sitzungen der Stadtverordnetenfraktion teilzunehmen, um die Parlamentsarbeit in der Praxis kennenzulernen. Entscheidungen in Parlamenten und Parteien werden in letzter Konsequenz durch Mehrheiten getroffen. Das ist gut so, aber manchmal schwer zu akzeptieren.

Der von Sülmez angebrachte Hinweis auf einen Boys Club ist aus unserer Sicht polemisch. Sie hat ihre Vorwürfe weder vor ihrem Rücktritt noch danach gegenüber dem Kreisvorstand oder anderen Grünen Gremien in Bremerhaven konkreter dargestellt. Aus diesem Grund ist es uns leider unmöglich, ihre Vorwürfe im Einzelnen zu bewerten oder zu klären. Wir Frauen hätten uns gewünscht, dass Sülmez konkrete Vorfälle beschreibt, um uns einen Dialog und eine Reaktion zu ermöglichen.

Abschließend wäre Sülmez‘ Vorwurf zu bewerten, dass Bremerhavener Interessen in Bremen nicht ausreichend Berücksichtigung finden. Diese Kritik teilen wir. Aber hier waren und sind natürlich gerade die Bremerhavener Bürgerschaftsabgeordneten gefordert, Bremerhavener Interessen einzubringen und für sie zu streiten. Wie das in der Vergangenheit gelungen ist, mögt ihr bewerten.

Wir lehnen polemische, pauschale, unbegründete Vorwürfe ab, die nur der Provokation oder persönlichen Rechtfertigung dienen!

Wir laden daher alle ein, sich an unserem Dialog über Formen von Diskriminierung im politischen Alltag zu beteiligen. Bei der kommenden Mitgliederversammlung wird über entsprechende Vorhaben berichtet.

Mit Grünen Grüßen

Petra Coordes, Wiebke Peters, Elena Schiller, Wiebke Stuhrberg und Bettina Zeeb

Grüne Frauen in Kreisvorstand und Fraktion

Brief von Dr. Susanne Gatti (parteilos), ehemalige Umweltdezernentin

Dieses Schreiben ging am 26.09.2023 an die Mitglieder von Bündnis 90/DIE GRÜNEN Bremerhaven und wurde am 02.01.2024 hier veröffentlicht.

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